Ab 1. Mai 2011 können Bürgerinnen und Bürger aus Staaten, die der Europäischen Union im Jahr 2004 beigetreten sind, uneingeschränkt eine Arbeit in Deutschland aufnehmen.
Für Bürgerinnen und Bürger aus acht mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union gilt ab 1. Mai 2011 volle Arbeitnehmerfreizügigkeit. Staatsangehörige Polens, Ungarns, Tschechiens, der Slowakei, Sloweniens, Estlands, Lettlands sowie Litauens brauchen künftig keine Genehmigung mehr, um in Deutschland zu arbeiten. So sieht es der Beitrittsvertrag für diese so genannten EU-8-Staaten vor, die der Europäischen Union im Jahr 2004 beigetreten sind.
Für Bürgerinnen und Bürger aus Rumänien und Bulgarien gelten die Beschränkungen für den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt zunächst weiter. Diese beiden Staaten sind der EU erst 2007 beigetreten.
Mit Sorgfalt vorbereitet
Die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit ist Teil eines einheitlichen europäischen Binnenmarktes, in dem sich die Menschen frei bewegen und in anderen Mitgliedstaaten eine Beschäftigung aufnehmen können. Ein Arbeitsmarkt, der allen Bürgerinnen und Bürgern der EU gleiche Chancen eröffnet, gehört zum Fundament des gemeinsamen europäischen Hauses. Umso wichtiger war es, die volle Freizügigkeit sorgfältig vorzubereiten.
Deutschland hat seinen Arbeitsmarkt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus den EU-8-Staaten schrittweise geöffnet. Zwischen 2004 und 2011 war der Arbeitsmarktzugang bereits eingeschränkt möglich. Auch die neuen Mitgliedstaaten selbst haben die Übergangsfrist genutzt, um sich auf die Herausforderungen vollständiger Arbeitnehmerfreizügigkeit vorzubereiten: Die EU-8 haben wirtschaftlich aufgeholt, das Lohngefälle zwischen ihnen und Deutschland hat sich verringert.
Wirtschaftsstandort Deutschland braucht Zuwanderer
Deutschland hat die internationale Wirtschaftskrise erheblich besser verkraftet als anfangs prognostiziert. Der Aufschwung hat die Nachfrage nach gut ausgebildeten Kräften erhöht, und vor allem der Bedarf an Fachkräften wird aufgrund des demografischen Wandels weiterwachsen.
Die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit kann dazu beitragen, den Fachkräftebedarf zum Beispiel im Handwerk langfristig zu decken. Sie belebt den deutschen Arbeitsmarkt und stärkt den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Aufenthalts- und Melderecht
Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten wachen darüber, dass die Freizügigkeit ihre positiven Wirkungen in legalen und geordneten Bahnen erzielt. Die Bürgerinnen und Bürger der EU dürfen in einen anderen Mitgliedstaat einreisen, wenn sie über einen gültigen Reisepass oder Personalausweis verfügen.
Ein Visum ist nicht erforderlich. Nehmen sie in Deutschland eine Beschäftigung auf und verlegen dazu ihren Wohnsitz, müssen sie sich bei der zuständigen Meldebehörde anmelden.
Deutsches Arbeitsrechtgilt für alle
Für Bürgerinnen und Bürger der EU, die bei einem Arbeitgeber in Deutschland beschäftigt sind, gelten die Bestimmungen des deutschen Arbeitsrechts. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich festzuhalten und dem Arbeitnehmer unterzeichnet auszuhändigen.
Für die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind dieselben Grundsätze wie bei inländischen Arbeitnehmern maßgeblich. Die deutschen Rechtsvorschriften gelten auch für die soziale Sicherheit. So wie ihre deutschen Kolleginnen und Kollegen müssen Menschen aus anderenEU-Ländern in Deutschland sozialversicherungsrechtlich angemeldet werden. Arbeitgeber sind verpflichtet, ihre Beschäftigten bei der zuständigen Krankenkasse anzugeben.
Mindestlöhne garantieren fairen Wettbewerb
Um einen fairen Wettbewerb und eine angemessene Entlohnung sicherzustellen, sind auf der Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG) für bestimmte Branchen Mindestlöhne festgesetzt. Ein Anspruch auf einen branchenspezifischen Mindestlohn besteht, wenn
- die Branche im Branchenkatalog des AEntG aufgenommen ist
- ein Mindestlohntarifvertrag abgeschlossen wurde
- der Tarifvertrag durch Allgemeinverbindlicherklärung oder Rechtsverordnung auf alle Arbeitgeber sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Branche erstreckt wurde; eine Sonderregelung gilt für den Mindestlohn Pflege.
Derzeit gelten branchenspezifische Mindestlöhne in der Abfallwirtschaft, im Dachdeckerhandwerk, im Elektrohandwerk, im Maler- und Lackiererhandwerk, im Bauhauptgewerbe, für die Gebäudereinigung, für Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft und in der Pflege.
Auch in der Zeitarbeit soll es eine Lohnuntergrenze geben. Die gesetzlichen Voraussetzungen dafür sind ab 1. Mai 2011 gegeben, denn die Freizügigkeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gilt auch für die Zeitarbeitsbranche. Beispielsweise können dann deutsche Zeitarbeitsunternehmen Bürgerinnen und Bürger aus den EU-8 beschäftigen.
Auch die Entsendung ist ab 1. Mai möglich: Zeitarbeitsunternehmer aus den EU-8 können ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter grenzüberschreitend Entleihern in anderen EU-Staaten überlassen.
Weiterführende Informationen
Ausführliche Informationen zur Arbeitnehmerfreizügigkeit und den ab 1. Mai 2011 geltenden Regelungen finden Sie in der Broschüre „Beschäftigung und Entsendung von Unionsbürgerinnen und -bürgern. 50 Fragen und Antworten zum 1. Mai 2011“, die Sie hier herunterladen oder im Publikationsverzeichnis bestellen können (auch die englische eund die polnische Fassung).
Die wichtigsten Änderungen auf einen Blick
Volle Arbeitnehmerfreizügigkeit für EU-8-Staaten
Ab 1. Mai 2011 gilt für Bürgerinnen und Bürger aus acht mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union volle Arbeitnehmerfreizügigkeit. Staatsangehörige Polens, Ungarns, Tschechiens, der Slowakei, Sloweniens, Estlands, Lettlands sowie Litauens, die auch alsEU-8-Staaten bezeichnet werden, benötigen keine Arbeitserlaubnis mehr, um in Deutschland zu arbeiten.
Ende der Übergangsbestimmungen
Deutschland hat während einer siebenjährigen Übergangszeit seinen Arbeitsmarkt schrittweise für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus denEU-8-Staaten geöffnet. Zwischen 2004 und 2011 galten für Staatsangehörige dieser Länder Übergangsbestimmungen. Diese enden zum 1. Mai 2011.
Aufenthalts- und Melderecht
Bürgerinnen und Bürger der EU dürfen in einen anderen Mitgliedstaat einreisen, wenn sie über einen gültigen Reisepass oder Personalausweis verfügen. Ein Visum ist nicht erforderlich. Nehmen sie in Deutschland eine Beschäftigung auf und verlegen dazu ihren Wohnsitz, müssen sie sich bei der zuständigen Meldebehörde anmelden.
Arbeitsrecht
Für Bürgerinnen und Bürger der EU, die bei einem deutschen Arbeitgeber beschäftigt sind, gelten die Bestimmungen des deutschen Arbeitsrechts. Die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind in gleicher Weise wie bei inländischen Beschäftigten geregelt.
Mindestlöhne
Im Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) sind für bestimmte Branchen Mindestlöhne festgesetzt. Derzeit gelten branchenspezifische Mindestlöhne in der Abfallwirtschaft, im Dachdeckerhandwerk, im Elektrohandwerk, im Maler- und Lackiererhandwerk, im Bauhauptgewerbe, für die Gebäudereinigung, für Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft und in der Pflege. Auch in der Zeitarbeit sollen Mindestlöhne eingeführt werden: Ab 1. Mai 2011 sind die gesetzlichen Voraussetzungen zur Festsetzung einer Lohnuntergrenze gegeben.
Arbeitnehmerfreizügigkeit, Dienstleistungsfreiheit und Entsendung – was bedeutet das?
Bürgerinnen und Bürger eines EU-Mitgliedstaats dürfen in einem anderen Mitgliedstaat eine Beschäftigung aufnehmen, ohne dafür eine Arbeitsgenehmigung einzuholen. Sie sind inländischen Arbeitnehmern rechtlich gleichgestellt. Diese so genannte Arbeitnehmerfreizügigkeit gilt nicht nur für Menschen, die in ein anderes Land der EU umgezogen sind.
Auch Grenzgänger, die beispielsweise in Deutschland wohnen und in Belgien arbeiten, profitieren von der Regelung. Die Freizügigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist eine Grundfreiheit des europäischen Binnenmarktes und im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sowie in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert.
Das Recht, sich in einem anderen EU-Mitgliedstaat wirtschaftlich zu betätigen, gilt nicht nur für einzelne Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union. Die sogenannte Dienstleistungsfreiheit ermöglicht es vielmehr auch Unternehmen, ihre Leistungen vorübergehend in anderen Mitgliedsländern zu erbringen. Die Unternehmen können ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mitbringen. In diesem Fall sprechen Experten von „Entsendung“.
Entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer üben ihre Tätigkeiten zwar in einem anderen Mitgliedstaat aus. Sie sind aber weiterhin bei ihrem Arbeitgeber im Herkunftsland beschäftigt. Das unterscheidet sie von Menschen, die die Arbeitnehmerfreizügigkeit der EU nutzen. Die branchenspezifischen Mindestlöhnen nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz sowie die künftige Lohnuntergrenze in der Zeitarbeit gelten für beide Gruppen, also sowohl für die in Deutschland beschäftigten als auch für die nach Deutschland entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.